Das Problem des Feuermachens

In dem Beitrag Feuermachen gehe ich ausführlich auf die Nachkriegsprobleme ein, die mit dem Heizen und Kochen verbunden waren. Dadurch, dass in der Nachkriegszeit alle chemischen Betriebe als ehemalige Rüstungslieferanten geschlossen waren, bestand ein akuter Mangel an Streichhölzern.

In diesem Beitrag möchte ich mich auf die Nutzung von Benzinfeuerzeugen beschränken, die als Ersatz für Streichhölzer natürlich stark gefragt waren.

Aber auch hier bestand ein großer Mangel. Alte gebrauchte Feuerzeuge der Vorkriegs- und Kriegszeit oder neue Notfeuerzeuge wurden daher überwiegend auf dem Schwarzmarkt oder von Kleinproduzenten direkt vertrieben.

Man muss hier unter 3 verschiedenen Feuerzeug-Gruppen unterscheiden.

1. Feuerzeuge der ehemaligen Wehrmacht, also aus staatlichem Besitz, die während der Besetzung Deutschlands bzw. nach Ende des 2. Weltkrieges in den verlassenen Kasernen geplündert worden bzw. im Besitz von ehemaligen Soldaten verblieben waren.

2. Sogenannte Marketenderware, also Feuerzeuge, die von Privatfirmen zuvor in Kasernen verkauft worden waren und von denen nun ein unverkaufter Vorrat zur Verfügung stand.

3. Feuerzeuge, die von Wehrmachtssoldaten während des Krieges oder in Kriegsgefangenschaft aus Rüstungsschrott hergestellt worden waren..

4. Improvisierte Feuerzeuge, die überwiegend aus den Hülsen von Gewehrpatronen oder aus Bordmunition von Flugzeugen hergestellt wurden. Das geschah einerseits als Privatfertigungen in Heimarbeit, aber auch von oder im Umfeld ehemaliger Patronenhersteller wurden noch ungeladene Hülsen fabrikmäßig für den Zivilmarkt zu Feuerzeugen konvertiert.
Hier gab es wiederum 2 verschiedene Funktionsprinzipien:

a) Reibfeuerzeuge, das sind die noch heute bekannten Benzinfeuerzeuge mit Reibrad neben dem benzingetränktem Docht des Feuerzeuges. Beim Drehen dieses Reibrades wird an dem darunter liegendem Feuerstein ein Funke gerissen, der das Benzin entzündet.

b) Offenbar waren diese Reibräder aber selbst Mangelware, so dass sich eine andere Art der Funkenerzeugung entwickelte, die unabhängig des technisch aufwändigeren Reibrades funktionierte und die heute unbekannt ist. Das waren Streichfeuerzeuge. Bei diesen befand sich an der Feuerzeugkappe, die über dem Docht sitzt, um die Verdunstung des Benzins bei Nichtgebrauch des Feuerzeuges zu reduzieren, seitlich eine Schiene, in der ein langer Feuerstein eingeschoben war. Neben dem Docht am Feuerzeug selbst, befand sich ein Stahlsporn oder ein scharfkantiger Stahlkranz. Nahm man nun die Kappe des Feuerzeuges und strich mit dem Feuerstein fest über diesen Stahldorn, so wurde ein Funke gerissen, der den Docht entflammte.

Beispiele

a)

Wehrmachtsfeuerzeuge

Wehrmachts SturmfeuerzeugWehrmachts-Sturmfeuerzeug
das in der Wehrmacht standardmäßig verwendete Sturmfeuerzeug. Bei diesem konnte man durch Verschieben der oberen Hülse die Luftzufuhr stufenweise entsprechend der Windverhältnisse verstellen. der Anzündemechanismus ließ sich aus dem Flammbereich nach oben herausfahren und der Brenner konnte herausgenommen und wie eine Kerze verwendet werden. Notfalls konnte man so das Kleinzelt etwas anheizen, das Feuerzeug zum Lesen verwenden oder damit Speisen im Feld-Essgeschirr anwärmen. Durch Nutzung mehrer Feuerzeugbrenner ließ sich sogar richtig kochen. Notfalls mit Autobenzin, wobei die Flamme aber ein wenig rauchte.
Das abgebildete Modell wurde bei Imco in Österreich unter der Modellbezeichnung Triplex hergestellt.
Wehrmachts-SturmfeuerzeugWehrmachts Sturmfeuerzeug
Hier handelt es sich um eine deutsche Lizenzfertigung des selben Modelles. Sie ist etwas 'luxeriöser' gefertigt, technisch aber gleich. Eventuell gab es dieses Modell jedoch ´generell in verschiedenen Preisklassen, bzw. die Herstellung wurde gegen Kriegsende aus fertigungstechnischen Gründen vereinfacht, wie dies auch bei vielen Ausrüstungsgegenständen und Waffen der Wehrmacht der Fall war.
Von den Wehrmachts Sturmfeuerzeugen gab es aber auch technisch abweichende Modelle anderer Hersteller.
b)

Modelle aus der Zeit vor Kriegsende

Wehrmachts Marketender FeuerzeugWehrmachts Tischfeuerzeug
Tischfeuerzeuge, Marketender- bzw. Kantinenware, die so in Wehrmachtskantinen bzw. Militärausstatter Geschäften verkauft wurde.
Eine Abgrenzung von Kriegsfertigungen und Nachkriegsproduktionen ist kaum möglich, da die zur Herstellung notwendigen Materialien nach dem Krieg zur Genüge vorhanden waren und nach kurzer Pause die Produktion dort wieder ansetzte, wo sie bei Kriegsende aufgehört hatte.
Wehrmachts Kantinen FeuerzeugWehrmachts Kantinen Feuerzeug
Marketenderware aus Wehrmachtskantinen. Es gibt hier eine Vielzahl unterschiedlicher Modelle. Besonders beliebt waren Feuerzeuge in der Form und Größe des 2cm Flak-Geschosses, wie die hier abgebildeten Modelle. Sie ließen sich als Feuerzeug und als Kerze verwenden.
Wehrmachts Kantinen FeuerzeugWehrmachts Kantinen Feuerzeug
Marketenderware aus Wehrmachtskantinen. Es gibt hier eine vielzahl unterschiedlicher Modelle. Das linke Modell aus Aluminium erinnert an das 2cm Flakgeschoss. Die zum Öffnen bei Kälte sinnvollen Griffrillen wirken wie die Zugrillen, die ein Geschoss beim Abschuss erfährt.
Das rechte Modell hat eine Bakelitgehäuse in das ein Brenner aus Metall eingesetzt worden ist. Sein Hersteller ist mit HKH auf dem Deckel aufgeprägt. Beide Modell ließen sich als Feuerzeug und als Kerze verwenden, wobei bei dem Bakelitfeuerzeug sicher eine Zeitgrenze bestand, wollte man Hitzeschäden vermeiden.
Wehrmachts Kantinen FeuerzeugWehrmachts Kantinen Feuerzeug
Marketenderware aus Wehrmachtskantinen. Es gibt hier eine vielzahl unterschiedlicher Modelle. Beide gezeigten Modelle sind aus massivem Aluminium gedreht und stammen wahrscheinlich aus der gleichen Fabrik. Beide Modell ließen sich als Feuerzeug und als Kerze verwenden.
Bei diesen Stücken ist eine Abgrenzung zur Nachkriegszeit kaum möglich, da genügend Aluminium aus Kriegsbeständen zur Verfügung stand, so dass die Produktion unverändert bis mindestens zur Währungsreform 1948 weiterlief.
Wehrmachts Feuerzeug Feldfertigung
Von einem Wehrmachtssoldaten 1944 in Berislaw (Ukraine - oberhalb der Halbinsel Krim) aus Rüstungs-Messingblech gelötetes Benzinfeuerzeug. Eingraviert 'Berislaw Alois Losch 1944'
Wehrmachts Kantinen Streich-Feuerzeug 
Bei diesem Feuerzeug handelt es sich um ein Modell mit dem unter 3b beschriebenem Streichprinzip. Gut kann man an der Kappe den Halter mit länglichem Feuerstein erkennen. Um dem Docht befindet sich eine scharfkantige Stahlkrause, an der die Funken zur Entzündung des Dochtes gerissen wurden. Interessant ist bei diesem Modell, dass der vordere Teil des Zinkblech-Gehäuses mit Watte gefüllt ist, während sich im hinteren Teil ein kleiner herausziehbarer und zugeschraubter Benzintank befindet, mit dem die Watte von Zeit zu Zeit neu getränkt werden konnte. So konnte man nicht nur eine größere Menge Feuerzeugbenzin vorrätig halten, was die Nutzung als Kerze begünstigte, sondern auch die ungewünschte Verdunstung des in der Watte gehaltenen Benzins konnte durch bessere Einteilung des Benzins reduziert werden.
c)

Rüstungskonversionen nach Kriegsende

Feuerzeug Rüstungskonversion Feuerzeug Rüstungskonversion Feuerzeug Rüstungskonversion
Fabrikmäßig hergestellt und sehr weit verbreitet sind Feuerzeuge aus Patronenhülsen des Kalibers 7,92mm (8x57IS) wie sie bei den Wehrmachtskarabiner 98k, G41und dem Maschinengewehren MG34 und MG42 verwendet worden waren. Bei den linken Ausfürungen wurde der Hals verj/uuml;ngt, bei dem rechten Modell ist die Hülse bis auf die Bohrung im Hülsenboden und die Verchrohmung original belassen.

Patrone 7,92 der Wehrmacht (8x57IS)

Offenbar gab es hier noch einen großen Vorrat ungeladener Hülsen, die in der Nähe von Munitionsfabriken oder dort selbst 1945/1946 zu dem links gezeigten Feuerzeugmodell umgebaut wurden. Mit Glück kann man heute noch ganze Original-Verkaufspackungen 'a 10 Feuerzeuge auffinden.
Seltener sind schon Feuerzeuge aus Zivilpatronen. Bei dem rechten Feuerzeug wurde die Großwildpatrone 9.3x72cm in gekürzter Form fabrikmäßig zu einem Feuerzeug umgebaut. Die Patrone wurde von Jägern zur Saujagd in Drillingen oder Doppelbüchsen verwendet.
Feuerzeug RüstungskonversionFeuerzeug Rüstungskonversion
Ebenfalls weit verbreitet waren Feuerzeuge, die aus den größeren Patronen 12,7x99mm hergestellt worden waren, die in den Bord-MGs der Jagdflugzeuge verwendet wurden. Bei der linken Ausführung handelt es sich um eine private oder einfache Handwerkerausführung, bei der an die Hülse einfach ein Reibrad mit Feuersteinrohr angelötet worden war. Als Docht fungiert ein Schnürsenkel.
Häufiger sind aber fabrikmäßige Fertigungen, in denen lediglich ein Teil des Hülsenschaftes genutzt wurde, wie es am rechten Beispiel zu sehen ist. Es gibt hier unzählige Variationen.
Feuerzeug Rüstungskonversion eines ZündersFeuerzeug Rüstungskonversion eines Zünders
Selten sind schon Feuerzeuge, bei denen andere Hohlkörper verwendet wurden. Hier wurde die ballistische Kappe des Artillerie-Granatzünders AZ42 verwendet, der z.B. als Spitze auf den Geschossen der 8.8cm Flak verwendung gefunden hatte. Das so entstandene 'Tischfeuerzeug' ist zudem mit blauer Luftwaffenfarbe lackiert, was auf einen Herstellerbetrieb im Umfeld eines ehemaligen Lieferanten der Luftwaffe schließen lässt.
Das rechte Feuerzeug wurde aus dem Bakelitgehäuse des Minenzünders Zugzünder ZZ30 hergestellt. Bis auf das Reibrad, die Bodenschraube und die Entnahme des Schlagbolzensystems befindet sich der Zünder in unverändertem Zustand. Sogar die Original Schutzkappe, ist original.
d)

Notfertigungen nach Kriegsende

Feuerzeug Behelfsfertigung         Streichfeuerzeug Behelfsfertigung         Feuerzeug Behelfsfertigung Tank
Links gewerblich aus Messingblech gelötetes Behelfsfeuerzeug mit seitlich angebrachtem Feuersteinrohr. Rechts gewerblich von der Firma 'BeBe' gefertigtes Streichfeuerzeug aus (ehemals vernickeltem) Messingblech.





© horst decker