Topfuntersetzer aus Pistolenfedern

Untersetzer aus Pistolenfedern 1946Untersetzer aus Pistolenfedern 1946


Ohne Hintergrundwissen ließen sich diese Topfuntersetzer kaum als Konversionsprodukt erkennen.
Wer sich mit historischem Hausrat befasst, müsste allerdings stutzig werden, sobald ihm die ungewöhnliche Elastizität, also die Federkräfte dieser Untersetzer auffällt. Insbesondere wenn er von Überlieferungen oder gar aus eigener Erfahrung weiß, dass diese Art Untersetzer in der Nachkriegszeit und bis weit in die 1960er Jahre in vielen Haushalten zu finden waren, ja sicher noch heute vereinzelt dort vorgefunden werden können. Das könnte doch auf eine Produktion der direkten Nachkriegszeit hinweisen und so wurden dieser Untersetzer auch richtig diesem Zeitraum zugeordnet. Allerdings führte das sicher in nur sehr wenigen Fällen zu einer näheren Begutachtung dieser profanen Gegenstände, zu denen es seit dem neunzehnten Jahrhundert viele ähnliche Vorläufer gibt. Aus Draht geflochtene Haushaltsware. Stutzig muss man allerdings werden, wenn man sich überlegt, dass so guter Stahl weder vor 1900 und erst recht nicht nach dem Zweiten Weltkrieg herstellbar war. Und warum sollte man für einen so einfachen Gegenstand wie einen Topfuntersetzer, für den eine Vielzahl einfacher und billiger Werkstoffe verwendet werden konnte, ausgerechnet hochwertigen Federstahl einsetzen - außer, er war aus anderen Gründen reichlich vorhanden und für seinen bei Produktion vorgesehenen Zweck nicht mehr nutzbar!
Schaut man sich den Untersetzer dann von einer Seite an, so stellt man fest, dass der Stahldraht keinesfalls wie früher üblich verflochten wurde, sondern dass der Untersetzer aus ineinander gedrehten Spiralfedern besteht. Aus Spiralfedern, die exakt den Durchmesser haben, dass sie um den Lauf einer 7,65mm Pistole passen, wie sie die Offiziere der Wehrmacht, Polizisten und politische Beamte trugen!
Dieser Untersetzertyp wurde aus vielen Schließfedern (Rückholfedern) von Selbstladepistolen mit Masseverschluss hergestellt, wie sie im Zweiten Weltkrieg ausschließlich als Selbstverteidigungswaffen und nicht für den direkten Kampfeinsatz gefertigt wurden.

Untersetzer aus Pistolenfedern 1946
Untersetzer von einer Seitenkante aus gesehen
Lauf mit Schließfeder von Walther PPk Pistole
Lauf mit Schließfeder einer Selbstladepistole mit
unverriegeltem Feder/Masse-Verschluss
(hier einer Walther PP Pistole)


Die Wehrmacht benutzte neben den von Walther ( Walther PP und PPk) und Mauser (Mauser Hsc) gefertigten Selbstverteidigungspistolen im Kaliber 7,65mm Beutewaffen, bzw. die in besetzten Ländern im Wehrmachtsauftrag gefertigten Pistolen, so z. B. die belgische FN 1910/22, die tschechische Cesca P27 und ungarische Femaru P37. Nun sind Pistolenschließfedern, insbesondere bei kaum oder nie gebrauchten Schutzwaffen von Amtsträgern keine Teile, die verschleißen und daher als Ersatzteile in Mengen vorrätig gehalten werden müssen. Es ist daher anzunehmen, dass die zur Herstellung der Untersetzer verwendeten Federn direkt aus der deutschen Pistolenproduktion stammten und dort nach kriegsendebedingtem Stopp der Waffenproduktion noch in großen Mengen vorrätig waren. In Frage kommen daher nur die beiden großen deutschen Waffenfabriken Mauser und Walther, bzw. eine Zulieferfirma von diesen.
Die Windungszahl einer Schließfeder hängt von der Bohrung und Länge des Laufes, sowie dem Gewicht des Verschlusses ab, ist also abhängig von der Pistolenkonstruktion. Meistens schwankt die Federlänge dieser unverriegelten Masseverschlusspistolen zwischen zehn und fünfzehn Windungen.
Bei dem oberen Untersetzer wurden elf Federwindungen verwendet, was bedeutet, dass hier die Feder einer kurzen Selbstladepistole in seiner gesamten Länge genutzt wurde. Darauf weist auch der Umstand hin, dass die Federn nicht vor ihrer Verarbeitungen in ihrer Länge gestreckt wurden.
Denkbar wäre hier die Walther PPk, deren Schießfeder genau elf Windungen aufweist.
Bei dem zweiten Untersetzer zählt in der Seitenansicht 32 miteinander verdrillte Federn. Schaut man aber genauer hin, so sieht man, dass es sich jeweils um gestreckte halbe Federn mit noch acht Windungen handelt. Nach vorliegender Skizze hat die Feder der Walther PP fünfzehn Windungen plus jeweils eine Abschlusswindung an beiden Enden, wodurch man diesen Untersetzer restlos mit sechszehn Verschlussfedern der Walther PP anfertigen kann.
In Anbetracht der Vielzahl der Fertigungen dieser Untersetzer müssen daher nach dem Krieg große Lagervorräte von solchen Pistolenfedern vorhanden gewesen sein. Es ist daher zu vermuten, dass diese Untersetzer in unmittelbarer Nähe eines Pistolenherstellers, bzw. Zulieferers von Pistolenfedern gefertigte wurden. Eventuell erfolgte die Fertigung der Federn sogar erst nach dem Krieg aus im Betrieb noch vorhandenem und durch den Frieden überflüssigem Federstahldraht auf den nach wie vor zur Pistolenfederfertigung eingerichteten Maschinen. Möglicherweise gibt es weitere Varianten, jedoch liegen mir nur Ausführungen vor, bei denen gedehnte, halbe Federn mit ehemals 15 Windungen und ganze Federn mit 11 Windungen genutzt wurden, was genau der Produktionspalette der Waffenbaufirma Walther entspricht. Es ist der naheliegend, dass diese Untersetzer aus Schließfedern der Verteidigungspistolen Walther PP und Walther PPk cal. 7,65mm hergestellt wurden. Sitz der Firma war vor 1945 die Stadt Zella-Mehlis in Thüringen

Pistole Walther PPk Zella MehlisWalther PP (Zella Mehlis)
links: Walther PPk, rechts: Walther PP, beides in der Kriegsfertigung




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